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Die Möbelmesse „Maison & Objet“ präsentierte auch heuer wieder ein riesiges Angebot an Dekorations- und Einrichtungsgegenständen, Möbeln für drinnen und draußen, Licht und Leuchten, Accessoires, Teppichen, Heimtextilien sowie Skulpturen. Die internationale Schau prägt damit wie keine andere unsere aktuellen Vorstellungen von Schönheit und Funktion unserer Innenräume.
Fotos & Bericht: Martin Wetscher
Auffallend war in Frankreich heuer der große Hang zur Natur. Das viele Grün, die großen Blätter auf Stoffen und Tapeten - die übergehen bzw. ein Bild ergeben mit den fein geordneten Zimmerpflanzen - waren nicht zu übersehen. Mehr oder weniger unterstützt mit Motiven und Skulpturen aus tiefen Ozeanen oder dunklen Wäldern. Gehalten durch kleine, streng geometrische Muster. Hier zeigt sich unübersehbar die Suche des Städters nach der Verbindung mit der Natur. Es ist eine wilde Exotik für den urban getakteten Menschen in Richtung Historie, Weltenbummler, Sammler, Entdecker – von der musealen Humboldtschen Wunderkammer bis zur gewollten Unordnung. Ein Einrichtungskonzept für den Punk von heute – gerne fotogerecht im Influencer-Style inszeniert.
Die aktuell stilprägenden Trends werden auch von starken kollektiven Bedürfnissen geprägt: von Bequemlichkeit, Komfortwünschen und – ganz wichtig – einer Verarbeitung, einer Materialität, die uns im Herzen berührt. Dies gilt insbesondere auch für die Dekorationsgegenstände. Es braucht die gute, moralisch wertvolle Geschichte. So importiert der deutsche Hersteller ames seine Vasen, Töpfe und Schalen aus Kolumbien und lässt sie dort von einfachsten Handwerkern nach überlieferten Traditionen fertigen. Keiner der Tongegenstände gleicht dem anderen, nur die Typen ähneln und sind damit einzigartiges Kunsthandwerk. Kunstvoll geflochtene Körbe und flache Dekoteller entstehen aus festen, farbigen Gräsern. Geflochten in den Höhen Südamerikas oder den tiefen Weiten Afrikas. Wie selbst gewachsen oder über Jahrzehnte der Natur schutzlos ausgeliefert stehen manche Neuheiten gekonnt beleuchtet auf dieser Messe.
Ein starkes Verlangen nach Ursprünglichkeit ist überall zu erspüren. Hauptsache ist, dass man den Dingen ihre Handwerklichkeit von Weitem ansieht. Zerknittert, rau, unbehandelt, fast unfertig wirkt vieles. Gras, Ton, Pappmaché und aufgeraute Strukturen sind Ausdruck dieser Entwicklung. Organische, fließende Formen stehen im Vordergrund – manchmal fühle man sich an die Form von Meerestieren erinnert. Tiermotive – vom Affen, Eisbär, Flamingo bis hin zum Tiger – halten Einzug und bedienen die Sehnsucht nach Harmonie, Exotik, oft mit einem ironischen Augenzwinkern. Damit ist eine neue Archaik in der Wohnraumdekoration zu sehen. Eine neue Verbindung zwischen Urbanität und der universellen Sehnsucht nach Natur.
Nur wenige Meter weiter findet man aber auch wieder die kunstvoll geschliffenen Gläser in changierenden Pastellfarben. In altem Rosa und frischem Blau wie es nur hier in Frankreich zu existieren scheint. Dazu gehören auch die nie aussterbenden Boudoirs, die historisch getäfelten Herrschaftsräume, überladen mit Samt und Seide, in denen die Natur, fein säuberlich gezüchtet wie im französischen Garten, an die Wand gemalt und kunstvoll wiederholt zum schnöden Stilelement verkommt. Angesichts der grenzenlosen Vielfalt, die die Pariser Möbelmesse präsentiert, drängen sich berechtigte Fragen auf: Wie um alles in der Welt findet man aus dieser Vielfalt seine Form der eigenen vier Wände? Wärmend, entspannend und doch mit jener Repräsentativität, die im Insta-Zeitalter so wichtig erscheint?
Wir wollen in den Wohnräumen unsere Persönlichkeit wie nie zuvor spiegeln. Wir setzen mit unseren Möbeln, die den sachlich funktionalen Vorstellungen entwachsen, starke individuelle Statements. Wir setzen ein Ausrufezeichen hinter unsere Weitläufigkeit und Weltgewandtheit. Man glaubt, hier in Paris in die Wohnung des Sammlers und Entdeckers zu sehen, eines Bewohners, der die Unterschiedlichkeit der Welt mit großer Neugierde und als Bereicherung erlebt. Voraussetzung für ein derart persönliches, authentisches Wohngefühl ist aber, dass man sich dem Trend zum reinen Repräsentieren widersetzt. Das Interesse am tatsächlichen Leben, die eigene Persönlichkeit, das wirklich Erlebte sind Statements, die sich in individuellen Raumkompositionen spiegeln sollen. Genau deshalb bleibt eine Prise Herkunft und Regionalität, der Sinn fürs Bequeme und Praktische sowie die eigenen Vorlieben und Haltungen entscheidend!